Klimaneutralität – was verbirgt sich dahinter wirklich?
Was ist eigentlich Klimaneutralität? Dürfen wir unsere Veranstaltungen als klimaneutral bezeichnen und wenn ja, wann? Wir als Akteure der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft spielen eine bedeutende Rolle in unserer Gesellschaft und bieten vielen Menschen einzigartige Live Erlebnisse, Austausch und Unterhaltung. Dabei ist es mit Blick Klimakrise unerlässlich, dass auch unser Tun und Handeln nachhaltiger wird – unsere Veranstaltungen.
Die Forderung nach Klimaneutralität hat sich in den letzten Jahren verstärkt und ist zu einem wichtigen Thema in der Eventbranche geworden. In diesem Blogartikel erklären wir Ihnen, was sich hinter dem Konzept der Klimaneutralität verbirgt. Wir werden es in Bezug auf Veranstaltungen untersuchen und mit der Net Zero Strategie vergleichen. Darüber hinaus schauen wir uns die Vor- und Nachteile an – insbesondere mit Blick auf Greenwashing und die Skandale der Kompensationsagenturen.
Das ist Klimaneutralität
Klimaneutralität ist nicht gleich CO2-frei. Sondern es bezeichnet den Zustand, in dem die Nettoemissionen von Treibhausgasen rechnerisch auf null reduziert werden. Das bedeutet, dass die Menge an ausgestoßenen Treibhausgasen durch Maßnahmen wie Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Kompensationstechniken ausgeglichen wird. Das kann beispielsweise durch das Pflanzen von Bäumen geschehen. Die Idee dahinter ist, dass unvermeidbare Emissionen durch Investitionen in Projekte kompensiert werden, die entweder Emissionen reduzieren oder binden, um eine Bilanz von Null zu erreichen.
Klimaneutralität bei Veranstaltungen
Veranstaltungen sind bekannt für ihren hohen Energie- und Ressourcenverbrauch sowie ihre erheblichen Treibhausgasemissionen.
Um diesen Herausforderungen entgegenzuwirken, haben sich viele Akteure Branche zunehmend dem Ziel der Klimaneutralität verschrieben. Sie als Veranstalter können Ihre Veranstaltungen klimaneutral gestalten, indem Sie verschiedene Maßnahmen ergreifen, um CO2 Emissionen zu vermeiden oder zu reduzieren. Dazu zählen beispielsweise der Einsatz erneuerbarer Energien, die Reduzierung von Mobilität, Ressourcen, Abfall und die Kompensation von unvermeidbaren Emissionen durch Investitionen in nachhaltige Projekte.
Klimaneutralität versus Net Zero Strategie
Die Net Zero Strategie geht noch einen Schritt weiter als die Klimaneutralität. Sie strebt an, den Nettoausstoß von Treibhausgasen vollständig zu eliminieren.
Während Klimaneutralität darauf abzielt, Emissionen zu kompensieren, um eine Bilanz von Null zu erreichen, zielt die Net Zero Strategie darauf ab, die Quellen von Treibhausgasemissionen direkt anzugehen und alternative Lösungen zu finden.
Klimaneutralität inklusive Kompensation anzustreben ist ein guter Anfang. Sie sollten sich allerdings nicht darauf ausruhen und immer klar kommunizieren, dass es sich um eine rechnerisch Klimaneutralität inklusive Kompensation handelt So kann der Verdacht auf Greenwashing gar nicht erst aufkommen.
Die vollständige Dekarbonisierung von Veranstaltungen sollte jedoch unser gemeinsames Ziel bleiben. Deshalb sollten wir die Net Zero Strategie bevorzugen. Bei dieser sollen 90 bis 95 Prozent der Treihausgas-Emissionen eliminiert und nur die aktuell technisch unmöglich zu verhindernden Emissionen kompensiert werden.
Dabei können wir uns an den Science Based Targets orientieren. Denn die Ziele gelten als wissenschaftlich fundiert. Sie stimmen mit dem über, was nach dem neuesten Stand der Klimawissenschaft notwendig ist, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Das bedeutet: die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C über dem vorindustriellen Niveau und die Fortsetzung der Bemühungen zur Begrenzung der Erwärmung auf 1,5°C.
Die Vorteile von Klimaneutralität und klimaneutralen Veranstaltungen
Klimaneutralität bzw. Net Zero Events bieten eine Reihe von Vorteilen.
Durch die Umstellung auf erneuerbare Energien und die Reduzierung von Emissionen können Sie als Veranstalter Ihren ökologischen Fußabdruck minimieren und einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Außerdem können klimaneutrale Veranstaltungen eine positive Wirkung auf das Image und die Glaubwürdigkeit eines Veranstalters haben. Sie können die Aufmerksamkeit von umweltbewussten Besuchern und Partnern auf sich ziehen. Auch staatliche Förderungen werden in Zukunft von der Nachhaltigkeitsstrategie abhängig gemacht.
Greenwashing und Klimaneutralität
Eine Gefahr der Klimaneutralität. Obwohl Klimaneutralität ein wichtiges Ziel ist, besteht die Gefahr des Greenwashing.
Was verstehen wir unter Greenwashing? Greenwashing meint das Verschleiern von Umweltauswirkungen oder das Fälschen von Nachhaltigkeitsansprüchen, um ein positives Image zu erzeugen, ohne tatsächlich substantielle Maßnahmen zu ergreifen. Es ist entscheidend, dass Sie als Veranstalter ihre Klimaneutralitätsansprüche durch glaubwürdige Daten und Transparenz unterstützen. Nur so können Sie Greenwashing vermeiden und das Vertrauen der Stakeholder gewinnen. Wichtig ist, dass Sie beim Betrachten Ihrer Klimabilanzen alle Auswirkungen einbeziehen, inklusive Sope 1 bis 3, und durch unabhängige Dritte begutachten lassen.
Skandale bei Kompensationsagenturen
Wollen Sie Ihren Fußabdruck reduzieren und Klimaneutralität erreichen, können Sie mit Kompensationsagenturen zusammenarbeiten und so unvermeidbare Emissionen kompensieren.
Aber Achtung. Schauen Sie genau hin! Einige Kompensationsagenturen sind in Skandale verwickelt, bei denen ihre Kompensationsprojekte nicht den versprochenen Umweltnutzen erbrachten oder sogar negative Auswirkungen hatten. Es ist wichtig, dass Sie mit seriösen und glaubwürdigen Kompensationsagenturen zusammenarbeiten und sicherzustellen, dass ihre Projekte nachweislich effektiv sind.
Häufige Fragen zur Klimaneutralität
Der Begriff “Klimaneutralität” wirft für viele Eventplanende Fragen auf. Die wichtigsten und zugleich häufigsten haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Womit spare ich am meisten CO2 ein?
Das sind die Bereiche mit denen Sie bei Veranstaltungen am meisten CO2 einsparen:
- Mobilität,
- Logistik,
- Energie,
- Catering,
- Abfall
Beeindruckend ist, dass gerade bei internationalen Veranstaltungen oder bei Events mit einem hohen Reiseaufkommen die Mobilität einen riesigen Anteil ausmachen kann – im Guten wie im Schlechten. D.h. wenn Sie hier etwas reduzieren können, haben Sie enorm viel gewonnen.
Beispiel: Bei der hybriden BOCOM 2020 entstanden knapp 61 Prozent der Emissionen im Bereich Mobilität. Während auf Platz 2 der Emissionsverursacher die Übernachtungen mit einem Anteil von lediglich knapp 18 Prozent landeten. Sie sehen, die An- und Abreise macht einen großen Unterschied aus.
Auch andere Statistiken und Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen und sprechen von 70, 80 oder gar 85 Prozent CO2-Verbrauch durch die Mobilität. Dazu zählt übrigens auch all das, was Sie für die Veranstaltungen von A nach B transportieren.
Welche CO2-Rechner gibt es?
Die kostenfreien Rechner sind für Sie als Einsteiger in das Thema wertvoll, weil Sie mit Hilfe dieser eine Gefühl dafür erhalten, welche Maßnahmen oder welche Bereiche wie viel CO2 verursachen.
Wollen Sie für eine Veranstaltung hingegen eine Klimabilanz erstellen, empfehlen wir Ihnen eine ausführliche Analyse und Erstellung über professionelle Anbieter, z.B. 2bdifferent oder ClimatePartner. Nur so können Sie sich sicher sein, dass die Zahlen seriös und so vollständig wie möglich erhoben und ausgewertet sind. Sie sind damit für Sie als Veranstalter belastbar und Sie können sich an die Vorgaben und Handlungsempfehlungen halten.
Allgemeine CO2-Rechner
- CO2-Rechner der EnergieAgentur.NRW
- CO2-Rechner des Verbands für Nachhaltigkeits- und Umweltmanagement
- Carbon Footprint Calculator
- WWF Footprint Calculator
- Global Footprint Network
- Carbon Calculator von myclimate
- CoolClimate Network
- Global Calculator
- Footprint Calculator von Earth Day Network
- Ecoscore – für Autos zu berechnen und alternative Fahrzeugoptionen
- Carbon Independent
CO2-Rechner, die auf Veranstaltungen spezialisiert sind
- CO2-Rechner für Veranstaltungen – vom Umweltbundesamt
- CO2-Rechner für Veranstaltungen – von KlimAktiv
- MeetGreen Carbon Calculator
- Event Sustainability Calculator
- Julie’s Bicycle IG Tools
- Digital Event Carbon Calculator
- Positive Impact Events’ Sustainability Calculator
- Eventbrite Sustainable Events Calculator
- myclimate CO2-Rechner für Events
- CO2-Rechner für Veranstaltungen des Verbands für nachhaltiges Wirtschaften (VnW)
Was ist Kompensation, wie funktioniert das und welche Projekte sind Vertrauenwürdig?
Die Kompensation von CO2-Emissionen ist ein Ansatz, um die negativen Auswirkungen von Treibhausgasemissionen zu reduzieren oder auszugleichen. Dies erfolgt, indem Projekte finanziert werden, die entweder die CO2-Emissionen vermeiden oder CO2 aus der Atmosphäre entfernen. Das geschieht durch die Unterstützung von Projekten, die erneuerbare Energien fördern, Energieeffizienz verbessern, Wiederaufforstung betreiben oder andere Methoden zur CO2-Reduzierung oder -Entfernung anwenden.
Es gibt verschiedene Mechanismen und Standards, um die Vertrauenswürdigkeit von CO2-Kompensationsprojekten zu bewerten. Einige der bekannten Standards sind:
Gold Standard: Der Gold Standard ist ein von einer Non-Profit-Organisation entwickelter Standard, der strenge Kriterien für Klimaschutzprojekte festlegt. Er stellt sicher, dass die Projekte einen nachweisbaren und nachhaltigen Beitrag zur Emissionsreduktion leisten und auch soziale und ökologische Kriterien erfüllen.
Verified Carbon Standard (VCS): Der VCS ist ein führender internationaler Standard für freiwillige CO2-Kompensation. Er stellt sicher, dass die Projekte auf transparente und verifizierbare Weise CO2-Emissionen reduzieren oder entfernen.
Climate Action Reserve (CAR): CAR ist ein führender Standard in den USA für freiwillige Kompensation von Treibhausgasemissionen. Er überprüft und validiert Projekte nach strengen Richtlinien.
Clean Development Mechanism (CDM): Der CDM ist ein Mechanismus im Rahmen des Kyoto-Protokolls, der Projekte in Entwicklungsländern unterstützt, um Emissionsreduktionen zu erreichen. Er beinhaltet strenge Methoden zur Überprüfung und Zertifizierung der Projekte.
Bei der Auswahl von Vertrauenswürdigen CO2-Kompensationsprojekten ist es wichtig, dass Sie auf Transparenz, Nachweisbarkeit, Zertifizierungen und die Erfüllung international anerkannter Standards achten. Es ist ratsam, Projekte zu wählen, die umfassende Informationen über ihre Aktivitäten, CO2-Reduktionen, soziale Auswirkungen und Überwachungs- und Berichtssysteme bereitstellen. Schauen Sie zweimal hin, bevor Sie Gelder überweisen. Es gibt Kompensationsprojekte, die bewusst zuvor Wald roden, um ihn dann gefördert wieder aufzuforsten. Das ist absurd und klimaschädlich. Und sollte es herauskommen, dass Sie so etwas gestützt haben, schadet es auch ihrem Image.
Es muss nicht gleich so dramatisch sein. Doch es gibt unzählige Projekte, die nur halbherzig angelegt sind und damit niemandem nützen. So reicht es beispielsweise nicht, irgendwelche Bäume anzupflanzen. Es müssen die richtigen sein. Die, die zum Standort passen und sie müssen vor allem in den ersten Jahren auch gegossen und gepflegt sein. Sonst überleben sie in den heutigen Zeiten oftmals nicht einmal das erste Jahr. Lassen Sie sich bei der Auswahl von Kompensationsprojekten von Experten beraten. Sie können gern mich oder auch Dr. Frauke Fischer von der Agentur Auf fragen.
Fazit
Die Forderung nach Klimaneutralität und Net Zero Strategien werden immer lauter – auch in allen Bereichen der Veranstaltungswirtschaft. Denn die Auswirkungen des Klimawandels werden immer spürbarer. Planen und führen Sie klimaneutrale Veranstaltungen durch, können Sie den ökologischen Fußabdruck Ihrer Veranstaltung und damit auch den Ihrer Teilnehmenden minimieren. So leisten Sie einen wichtigen Beitrag zum globalen Klimaschutz. Vermeiden Sie dabei unbedingt Greenwashing. Arbeiten Sie nur mit vertrauenswürdigen Kompensationsagenturen zusammen und setzen Sie glaubwürdige und wirksame Maßnahmen um.
Die Zukunft und Zukunftsfähigkeit von Veranstaltungen liegt in der Klimaneutralität bzw. Treibhausgasfreien und konsequenten Umsetzung von nachhaltigen, umweltfreundlichen und kreislauffähigen Veranstaltungen. Seien Sie ein aktiver Teil davon!
Sie wollen klimaneutrale Veranstaltungen durchführen? Wissen aber nicht, wo und wie Sie starten sollen? Dann holen Sie sich den Praxisratgeber: