Stefan Lohmann – Experte für Nachhaltigkeit in der Eventindustrie interviewt Onsite Managerin Sara Pamina Bartsch über soziale Verantwortung bei Events
Was versteht man unter sozialer Verantwortung (CSR, Corporate Social Responsibility) bei Unternehmen? Die sozialen Aspekte beim Thema Nachhaltigkeit geraten oft in den Hintergrund oder komplett in Vergessenheit. Im kostenfreien Sustainability Rider und Checkliste wird das Thema aufgegriffen. Was bedeutet soziale Verantwortung bei Veranstalter*innen? Dazu gehören Themen wie Gleichberechtigung, barrierefreier Zugang, Umgang mit Mitarbeitern, Gewerken und Kunden. Aber auch Einhaltung der Arbeitszeitgesetze, Burn-Out Prävention, gerechte Bezahlung, Beachtung der Arbeitsschutzgesetzte und langfristige Zusammenarbeit zählen dazu. Sustainable Event Solutions freut sich daher sehr über das Interview mit Sara Pamina Bartsch – einer erfahren Expertin in dem Bereich.
Über Sara Pamina Bartsch
Seit über zehn Jahren ist Sara in der Veranstaltungsbranche tätig. Jeher setzt sie sich dafür ein, dass sich dieser Sektor wirtschaftlich und menschlich weiterentwickelt. Außerdem plädiert sie dafür, dass Unternehmen sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden. Im Laufe ihrer Karriere stellte die Onsite Eventmanagerin fest, dass wirklich gute Mitarbeiter oder Kollegen aus dem Beruf ausstiegen. Teilweise lag das an veränderten Lebensumständen, wie die Geburt eigener Kinder oder pflegebedürftigen Angehörigen. Der Job war mit diesen doch eigentlich nicht ungewöhnlichen Rahmenbedingungen nicht mehr zu vereinbaren. Allerdings war ein Ausstieg häufig auch durch einen Burnout, eine fehlende Perspektive oder eine geringe Wertschätzung unausweichlich.
Sara setzt sich dafür ein, dass sich die soziale Verantwortung bei Veranstaltungen im Eventsektor ändert!
Stefan Lohmann:
Du bist On-site Managerin – was machst du konkret bei Veranstaltungen?
Sara Pamina Bartsch: Ich übernehme die Koordination der Gewerke vor Ort, kümmere mich um einen reibungslosen Ablauf. Als Ansprechpartnerin stehe ich für meine Kunden zur Verfügung. Im Endresultat ist mein Job nicht viel anders als der einer “normalen” Eventmanager*in oder Projektleiter*in vor Ort. Bei On-Site management geht es um die Durchführung vor Ort und nicht die Organisation und Planung vorab. Daher würde ich persönlich auch nicht zwischen Eventmanagement on-site differenzieren.
Mein Ziel ist es, dass sich Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden. Das bedeutet unter anderem, dass faire Arbeitszeiten auf einem Event für alle Beteiligten geschaffen werden. Für eine solche Umsetzung brauchen die Firmen mehr Fachkräfte, auf die sie flexibel zugreifen können und die sie vertrauen. Bei meiner Art des on-site Supports geht es demnach nicht darum, komplett andere Menschen on-site als im Büro einzusetzen. Für Angestellte ist das Event vor Ort die Belohnung und das Highlight für die harte Arbeit zuvor. Diese Motivation sollte nicht weggenommen werden. Ich möchte Eventmanager mit meiner Unterstützung entlasten, denn sie verdienen es, an dem Event auch aktiv teilzunehmen. Der Arbeitgeber sollte es als Pflicht und Wertschätzung sehen, seinen Angestellten dies zu ermöglichen. Um die Branche weiterhin attraktiv für den Nachwuchs zu gestalten, muss eine Balance zwischen Freizeit und Beruf geschaffen sein.
Im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens geht es hier um die langfristige gesellschaftliche und soziale Verantwortung von Unternehmen.
Stefan Lohmann:
Wie siehst du die Schwierigkeiten aber auch Möglichkeiten zur Verbesserung deines Bereiches im Bezug auf die Umsetzung von Events?
Sara Pamina Bartsch: Wenn wir es schaffen auf einem Event ein Schichtsystem einzurichten kann die Krankheitsrate nach diesem wesentlich verringert werden. Die Erschöpfungsrate senkt sich und die Mitarbeiter sind langfristig motivierter, produktiver und zufriedener. Um dieses Resultat allerdings zu erreichen, müssen wir es schaffen Vertrauen aufzubauen, sodass Kontrolle beim eigenen Event abgegeben werden kann. Auch müssen wir Eventmanager*innen lernen, abzuschalten und auf unsere eigenen Bedürfnisse zu hören.
Stefan Lohmann:
Wie schon am Anfang unseres Interview erwähnt, setzt du dich stark für soziale Verantwortung und Themen wie Gleichberechtigung und Burn Out Prävention ein. Aber auch für die Einhaltung von Gesetzen wie Arbeitszeitgesetze und den Umgang mit Mitarbeitern. Bereiche, die alle zum Thema Nachhaltigkeit gehören. Wieso engagierst du dich gerade in diesem Bereich?
Sara Pamina Bartsch: Das ich mich genau für diese Bereiche der Nachhaltigkeit einsetzte, wuchs wohl aus meinen Erfahrungen. Sowohl durch meinen eigenen beruflichen Werdegang als auch durch den meiner Mutter. Ich wollte niemals so viel arbeiten wie es meine Mutter in meiner Kindheit tat. Im Umkehrschluss habe ich aber genau das dann gemacht. Als ich mich für den Eventsektor entschied, schien damit auch die Würfel für die Zukunft gefallen zu sein. Doch von Anfang an, habe ich mich gefragt, warum wir meinen, dass wir soviel arbeiten müssen?
Doch meine Erlebnisse haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Sie haben mich in meinem Glauben daran gefestigt, dass wir uns alle das Leben gestalten können, was wir uns wünschen. Es besteht aus vielen Lebensbereichen, die alle gelebt werden wollen.
Stefan Lohmann:
Lassen sich auch positive Entwicklungen feststellen?
Sara Pamina Bartsch: Ja, denn es gibt immer mehr Unternehmen, die eine soziale Verantwortung erkennen und sich in Hochphasen Unterstützung holen und offen und ehrlich intern kommunizieren. Zunächst noch projektbezogen, allerdings mehr und mehr situationsbedingt oder bei der Personalplanung auf Veranstaltungen.
Stefan Lohmann:
Welche Veränderungen sollten getätigt werden und wie können diese erreicht werden?
Sara Pamina Bartsch: Meiner Meinung nach bedarf es einem Bewusstwerden über sich selbst und den eigenen Zielen im Leben. Und das gilt nicht nur für Selbstständige sondern genauso für Angestellte, Geschäftsführer und Vorgesetzte. Die Fragen, die sich jeder stellen sollte, müssten heißen: Wie möchte ich mein Leben gestalten? Welches Vorbild möchte ich schaffen? Was wünsche ich mir im Leben? Für wen wirtschafte ich: mein eigenes Wohl oder das Wohl der Gesamtheit? Damit sprechen wir dann auch wieder über die Fürsorgepflicht und soziale Verantwortung jedes Arbeitgebers.
Stefan Lohmann:
Welche Auswirkungen siehst du durch die Corona Krise und durch die Entwicklung hin zu Online-Veranstaltungen?
Sara Pamina Bartsch: Eine der größten Herausforderungen dieser schnelllebigen und leistungsorientierten Branche ist der Stillstand. Persönlich sehe ich die Corona Krise allerdings als eine große Chance an. Es gibt uns die Möglichkeit, sich neu zu erfinden, neu Denkweisen auszuprobieren und alles umzukehren. Alles was wir bisher gemacht haben, dürfen wir hinterfragen. Vor allem können wir uns dafür auch den Raum und die Zeit geben. Aktuell lernen wir, wie wichtig Ruhezeiten, Reflektionsraum und Entspannung ist. Gleichzeitig kann die Branche ihre alten Muster kaum ablegen: blinder Aktivismus, blitzschnelle Organisation von online events, damit einhergehender hoher Workload und noch größere Ermüdung. Und womit bezahlen wir das? Mit der eigenen Gesundheit. Doch diese sollten wir doch gerade wegen der Corona Pandemie besonders schützen.
Stefan Lohmann:
Wie verändert die Krise deinen Aufgabenbereich?
Sara Pamina Bartsch: Eine Veränderung meiner Bereiche lässt sich mit der Umstellung von live auf virtuell in jedem Fall beobachten. Ich unterstütze vor Ort bei online Events als Team und Teilnehmer Support. Dabei betreue ich den Teilnehmerchat und heiße die Gäste willkommen. Auch bei der Durchführung der Technik-Checks mit den Teilnehmern unterstütze ich und bin somit komplett digital auf einem Event vertreten. Daraus habe ich erkennen dürfen, dass die digitale Erschöpfung noch größer ist als die gewöhnliche Post-Event-Depression. Den Workload, den wir uns also auf live Events auferlegt haben, ist digital fast nicht umsetzbar. Jedenfalls nicht ohne, dass dies wieder zu Kosten unserer Gesundheit geht.
Stefan Lohmann:
Worauf müssen sich Eventmanager*innen grundsätzlich jetzt einstellen? Und wie können sie sich fortbilden, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden?
Sara Pamina Bartsch: Genau jetzt dürfen wir uns die Zeit nehmen um auf uns selbst zu hören und zu achten. Dies soll uns dabei helfen, danach den eigenen Tagesablauf und sein Leben zu gestalten. Es werden immer Dinge passieren, die dazwischen kommen. Aber dafür wird Freiraum benötigt: im Kopf, im Kalender und zu Hause.
Wir sollten lernen offen und ehrlich zu kommunizieren. Außerdem sollten wir unsere Stärken sowohl kennen als auch ausbauen, welches für jeden Eventmanager*in individuell ist. Damit können wir uns auf die neuen Anforderungen einstellen.
Vielen Dank für das Interview!
Sie wollen mehr über Sara und ihrem Podcast erfahren? Hier geht es zu ihrer Webseite: https://www.sarapamina.com/
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